Beitrag

24 Juni 2014

Vorabauszüge aus der Sendung „Erster Weltkrieg“ (60)

||
0 Comment

100 Jahre erster Weltkrieg – was bleibt?

In Syrien tobt ein Bürgerkrieg, der Irak wird von einer Welle islamistischer Gewalt überrollt, weltweit kämpfen Menschen gegen Unterdrückung und politische Willkür. Auch 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg schwebt ein großes Fragezeichen über der Präsenz der aktuellen Kriege und Konflikte – was hat sich geändert und was ist geblieben?

Diese und viele weitere Fragen hat sich die Micro-Europa Redaktion für eine Spezial-Sendung im Juli gestellt. Intensive Diskussionen und Vorbereitungen gingen der Produktion vorraus – möglichst viele Perspektiven sollten in den Beiträgen brücktsichtigt werden. An dieser Stelle zeigen wir euch schon jetzt das Ergebnis unserer Überlegungen zum Thema Erster Weltkrieg – exklusiv und nur für euch!

 

Unser Beitragsbild ist übrigens eine Originalaufnahme aus einem Tübinger Lazarett, wie der Titel verrät: „In Erinnerung an meine Lazarett-Tage nach den Tagen vor Verdun, am 18.–22. Februar 1916.“ Der Fotograf ist unbekannt, die Geschichtsschreibung in Verdun nicht – mehr dazu in unserer Sendung!


Interview mit Zeitzeugin Hertha Oeser

Hertha Oeser 02
Hertha Oeser wurde 1905 geboren und ist damit eine der letzten lebenden Zeitzeuginnen des Ersten Weltkrieges. Foto: Ulrich Hägele

 

 

Hertha Oeser erinnert sich im Interview mit Ulrich Hägele an die Kriegsjahre zurück. Foto: Volkmar Kleinfeldt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 „Krieg dem Kriege“ von Kurt Tucholsky (1919) / gesprochen von Oliver Lichtwald

Der kritische Dichter, Schriftsteller und Journalist Kurt Tucholsky publizierte das vielleicht berühmteste Antikriegsgedicht des 20. Jahrhunderts am 13. Juni 1919, kurz nachdem der Erste Weltkrieg zu Ende gegangen war, unter dem Pseudonym Theobald Tiger in der Zeitschrift Ulk, der Wochenendbeilage des Berliner Tagblatts.
Tucholsky wusste wovon erschrieb: Anfang 1915 war er eingezogen worden. An der Ostfront erlebte er die ganze Grausamkeit des mit industriellen Mitteln geführten Krieges. Zum Pazifisten geworden, kehrte der Dichter Ende 1918 nach Berlin zurück.
Vor allem die letzten Zeilen „Und nach abermals zwanzig Jahren
kommen neue Kanonen gefahren“ sollten sich 1939 in bedrückender Weise als prophetisch erweisen.

Oli Lichtwald

Oliver Lichtwald bei der Aufnahme von Tucholskys „Krieg dem Kriege“

 

 


Richtungshörer von Hornbostel und Wertheimer

Von Hornbostel und Wertheimer entwickelter Richtungshörer. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-E12007 / Eisenhardt / CC-BY-SA

Was hat der Erste Weltkrieg mit dem Radio zu tun?

Der Medienwissenschaftler Axel Volmar im Interview über den Radioboom und die Anfänge von Stereo in den 1910er Jahren.

Viele Erfindungen und technologische Entwicklungen sind Nebenprodukte von Kriegen. Und so zynisch es auch klingen mag: Das Radio und die Stereoanlage haben wir – zumindest teilweise – dem Ersten Weltkrieg zu verdanken. Ein Grund liegt darin, dass die gegnerischen Stellungen sich nicht gegenseitig sehen konnten. Um herauszufinden, wo auf der anderen Seite die Geschütze standen oder aus welcher Richtung die Flugzeuge kamen, wurde plötzlich das räumliche Hören wichtig.

Die Bedienung von Horchgeräten, Abhörmikrofonen und Funkanlagen weckte in vielen Soldaten ein Interesse, ja machte sie sogar zu Spezialisten, die sie ihr Leben lang bleiben sollten. Die Soldaten des Ersten Weltkriegs wurden zum Fundament für das, was in Deutschland am 29.10.1923 einen ersten Höhepunkt erlebte: die Entstehung des Rundfunks.

Mehr über den Ersten Weltkrieg und das Hören in der Micro-Europa-Sendung am 27. Juli 2014 – seid dabei!

 


 

Musik in der Sendung „100 Jahre Erster Weltkrieg“

 

Für die Musikauswahl hat sich die Micro-Europa-Redaktion etwas ganz besonderes überlegt: Wir senden ausschließlich originale Lieder, Chansons und Songs aus der Zeit vor 1918. Angesagt zu dieser Zeit waren vor allem die sogenannten Couplets – satirische Lieder mit einem sehr markanten Refrain. Aufgenommen wurden die Stücke noch rein akustisch: Die Interpreten und Instrumentalisten mussten ihre Darbietung vor einem großen Schalltrichter zum Besten geben. Eine Art Nadel ritzte die so erzeugten Schwingungen in eine Wachsmatrize, wovon man dann eine Schellackplatte fertigen konnte.

Lazarett in Tübingen-1, März 1916

Blick ins Tübinger Lazarett von 1916 – das Grammaphon gehörte zur beliebtesten Freizeitbeschäftigung

 

Auf unserem Bild vom Tübinger Lazarett aus dem Jahr 1916 ist im Hintergrund der Trichter eines großen Grammophons zu sehen. Musikhören zählte zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen für die Soldaten in der Etappe oder im Lazarett. Aber auch in den Schützengräben spielten sie in den zum Teil langen Kampfpausen zum Zeitvertreib Flöte und Gitarre oder kurbelten das Grammophon an.

Die damaligen ‚Plattenstars’ Otto Reuter, Gustav Schönwald, Herrmann Roeder und Ludwig Arno und ihre zumeist witzig-ironischen Lieder sind heute weitgehend vergessen. Oft hatten die Songs auch zweideutig erotische Anklänge. Einer davon trägt den Titel „Von hinten und von vorn“. Eingespielt hat ihn Hermann Wehling im Jahr 1910. Es ist eine verballhornte Fassung des berühmten Soldatenlieds „Steh ich in finstrer Mitternacht“ aus dem Jahr 1824. Der Text stammt von Wilhelm Hauff und die Musik schrieb Friedrich Silcher. Interpret Wehling ergänzte nach jeder Zeile den Refrain „Von hinten und von vorn“ gefolgt von einem feucht-fröhlichen Lalala. Das Ergebnis war eine bemerkenswert satirische Verballhornung des preußischen Hurrapatriotismus.

 

„Von hinten und von vorn“

von Hermann Wehling

 

 

Steh ich in finsterer Mitternacht,

Von hinten und von vorn!
So einsam auf der fernen Wacht,

Von hinten und von vorn!
So denk ich an mein fernes Lieb,

Ob es mir treu und hold verblieb,

Von hinten und von vorn! Lalala

Als ich zur Fahne fort gemüßt,

Von hinten und von vorn!
Hat sie so herzlich mich geküsst,

Von hinten und von vorn!
Mit Bändern meinen Hut geschmückt,

Von hinten und von vorn!

Und weinend mich ans Herz gedrückt,

Von hinten und von vorn! Lalala

 

Die Glocke schlägt, bald naht die Rund

Von hinten und von vorn!
und löst mich ab zu dieser Stund‘,

Von hinten und von vorn!
Schlaf wohl im stillen Kämmerlein,

Von hinten und von vorn!
und denk‘ in deinen Träumen mein,

Von hinten und von vorn! Lalala

|