Beitrag

09 April 2016

Blog #2: Mariam

||
0 Comment

„Eigentlich mag Mariam Libyen sehr. Es ist fast so, als wäre nicht Gambia, sondern Libyen ihre eigentliche Herkunft“

English, Arabisch, Gambisch, Italienisch und ein wenig Deutsch – So viele Sprachen kann Mariam. Dies liegt unter anderem daran, dass sie zweisprachig aufgewachsen ist. Ihre Eltern verließen Gambia, kurz bevor sie auf die Welt kam. Sie immigrierten nach Libyen. Dort hofften sie auf ein besseres Leben mit ihren beiden Töchtern und ihren zwei weiteren Kindern, die später auf die Welt kommen sollten.

Mariam lebte sowohl in der Kultur, die ihre Eltern aus Gambia mitnahmen und ihren Kindern weitergaben als auch in der Kultur des Landes, in dem sie auf die Welt kam. Sie besuchte dort eine ghanaische Schule. Allerdings konnte Mariam nur bis zu ihrem 18. Lebensjahr die Schulbank drücken, denn man zwang sie, eine Waffe zu bedienen. Sie musste Militärdienst leisten, obwohl sie nicht wollte. Die Verweigerung des Militärdienstes bedingte ihre Flucht. In Italien angekommen, arbeitete sie dort drei Jahre lang in einem Restaurant, doch die Arbeitsbedingungen waren so schlecht, dass ein Kind und zwei Erwachsene mit diesem Gehalt nicht auskamen. Sie musste nämlich nicht nur sich selbst versorgen. In Italien fand Mariam ihre Schwester wieder. Sie hatte ein kleines Mädchen auf die Welt gebracht, doch erzog es jetzt alleine. Seit 2014 ist Mariam mit ihrer kleinen Familie in Deutschland.

Die Eltern Mariams sind immer noch in Gambia. Fast fünf Jahre lang hat Mariam ihre Eltern nicht gesehen und sehnt sich nach ihnen. Das Leben in Libyen ist gerade besonders schwer, seitdem 2011 der Bürgerkrieg im Zuge der Demonstrationen gegen die Regierung ausgebrochen ist. Nachdem die Regierung Gaddafis gestürzt wurde, profitieren unterschiedliche Gruppen, unter anderem auch die ISIS, vom Fehlen einer stabilen Regierung und ringen um die Macht. Die Folgen dieses Machtkampfs spürt vor allem das Volk, so wie ihre Eltern gerade auch.

Eigentlich mag Mariam Libyen sehr. Es ist fast so, als wäre nicht Gambia, sondern Libyen ihre eigentliche Herkunft. So geht es vielen zweisprachig Aufgewachsenen dort. Eine Seite liegt einem immer mehr am Herzen.

Ein Traum, den Mariam sich unbedingt erfüllen möchte, ist die Bildung, deren Laufbahn sie nach der Hälfte beenden musste. Sie möchte gerne Informatik studieren und dieses Studium mit Business kombinieren.

Die füllige Stimme, die sich so glücklich beim Antworten auf meine Frage anhört, zeigt mir, dass Mariam nicht einfach so einige Hobbys aufzählt, sondern diese wirklich leidenschaftlich ausübt. Sie hört sehr gerne Musik und hat auch einen vielfältigen Musikgeschmack von arabischer Musik bis hin zu englischem Reggae. Neben dem Musikhören kocht Mariam sehr gerne. Sie hat mir die Süßigkeit aus der arabischen Küche, den Besbousa, empfohlen. Das ist eine Art Grießkuchen, welcher in gekochtem Rosenwasser getränkt wird. Der Teig wird aus mehreren Zutaten und hauptsächlich aus Joghurt, Grieß und Kokosnuss hergestellt. Nachdem der auf einem Backblech ausgebreitete Teig überbacken wurde, wird die flüssige Zubereitung aus Rosenwasser, Backpulver und Wasser auf den Teig gegossen und mit Mandeln verziert. Aus der Gambischen Küche berichtet sie mir vom Domoda. Das ist ein scharfes Gericht und wird unter anderem mit Tomatenmark, Erdnussbutter und Fleisch in heißem Wasser gekocht und mit Reis serviert.

Würde ich Libyen besuchen, sollte ich unbedingt nach Lebna oder unter anderem Namen nach „Leptis Magna“ fragen. Besonders bekannt ist Leptis Magna für seine Historie, denn sie ist die weltweit älteste Stadt aus der Antike und wird deshalb so verehrt. Das Gleiche gilt auch für Sabratha, denn diese Stadt besitzt auch viele Schätze aus der Antike. Das Besondere an Sabratha ist, dass sie einen natürlichen Hafen hat und schon seit der Antike als Handelsstadt zählt.

geschrieben von Hilal Öczan.

Jeden zweiten Samstag ein neues Portfolio! Über Facebook unter Micro-Europa Tübingen halten wir euch immer auf dem Laufenden.
|